Heutzutage ist alles so schnell
Die Welt wird immer schneller. Alles verändert sich so rasant.
Deadlines, Traffic, Kommunikation – Was früher ganze Monate gebraucht hat, geht heute nahezu in Echtzeit.
Eine Whatsapp nach der anderen, fünf Mails pro Stunde auf x verschiedenen Mailprogrammen, ständige Erreichbarkeit, Deadlines nach Deadlines und Deadlines.
– Das Zeitgefühl unserer Gesellschaft ist. Schnell.
Das sieht auch die Soziologie
Das ist ein Befund, den wir als Gesamtgesellschaft wahrnehmen, das ist ein Befund, in dem wir uns als Einzelne wiedererkennen können –
das ist tatsächlich aber – natürlich – auch eine soziologisch erforschte Konzeption, die auf Hartmut Rosa, einen bekannten Sozialwissenschaftler, zurückgeht, der genau diesen Anspruch hat mit seiner “Theorie der sozialen Beschleunigung” diesen Fragen nachzugehen, was es für eine Gesellschaft bedeuten kann sich zu “beschleunigen”, und in welcher Hinsicht sich westliche Gesellschaften als “Beschleunigungsgesellschaften” begreifen lassen.
Doch was beschleunigt sich?
Geht es um eine Beschleunigung der Gesellschaft selbst, oder beschleunigen sich bestimmte Prozesse innerhalb der gesellschaftlichen Ordnung?
Manch einer spricht davon, “alles” beschleunigt sich. – Doch ein Tag bleibt ein Tag, eine Stunde eine Stunde, und ist nicht effektiv auch eine Schwangerschaft immer noch ganze neun Monate lang?
Nicht “alles” beschleunigt sich. – Das zeigt auch der Blick auf die täglichen Stauvorkommnisse in Großstädten; oder auch der Verwaltungsstau in bürokratischen Systemen. Hier kommt es wohl eher zu einer Verlangsamung des Verkehrs statt einer Beschleunigung.
Nicht alles beschleunigt sich.
Doch.
Gerade in technischen Bereichen sind die Zahlen im Verlauf der letzten Zeit nahezu explodiert.
Die Rechnenleistung von Computern ist etwa um den Faktor 10⁸ gestiegen.
Die Geschwindigkeit der Kommunikation um den Faktor 10⁷; unsere Transportgeschwindigkeit um den Faktor 10².
Unsere Vorfahren mussten noch ganze Monate auf hoher See verbringen um um die Welt zu reisen; heutzutage können wir in weniger als einem Tag ans andere Ende der Welt fliegen.
Diese technischen, empirisch messbaren Aspekte bezeichnet Hartmut Rosa als “technische Beschleunigung”.
Ist es nur eine scheinbare Beschleunigung?
Doch eine Ansammlung technischer Befunde reicht nicht aus um dieses Gefühl grundsätzlicher Hektik/Dringlichkeit, Beschleunigung, zu erklären, das unsere Gesellschaft zu umgeben scheint.
Und das ist sowieso auch ein bedenkenswerter Punkt.
Ist die Beschleunigung real; oder scheint es uns nur so?
Blicken wir aber auch in die Wortneuschöpfungen unserer Zeit, schlägt auch hier sich definitiv eine gewisse “Schnelligkeit” nieder: Bsp. Drive-Through-Funerals, Power Nap, Fast Food, Speed Dating.
//Ein theologischer Hinweis an dieser Stelle. – Wo in früheren Jahren Theologen wie Ignatius von Loyola noch enie Vielzahl verschiedener Entscheidungshilfen betont haben und die Notwendigkeit der bedachten Entscheidungsfindung; werben moderne theologische Impulsgeber mit Konzepten wie dem: „7-Sekunden-Prinzip“.
Und auch ganz konkrete soziologische Befunde lassen sich durchaus erheben, wie z.B. die vermehrte Zahl der Wohnungswechsel, Jobwechsel, Reisen – Klar. Wo früher bei Wochen Anreisezeit vielleicht eine größere Reise im Jahr drin war, können wir heutzutage je nach finanzieller Verfügbarkeit effektiv ständig irgendwo hin reisen.
Erhöht sich mit einer höheren Taktung verschiedener Elemente in unserem Leben so auch die Beschleunigung?
So scheint es uns zumindest.
Irgendwas hat sich definitiv verändert.
Die „technische Beschleunigung“ bleibt nicht folgenlos
Daher spricht Rosa neben der spricht im Rahmen der “sozialen Beschleunigung” neben der “technischen Beschleunigung” auch von einer “Beschleunigung des Lebensgefühls”, und von einer „Beschleunigung des sozialen Wandels.“
Daher auch spricht er von einer „Theorie der sozialen Beschleunigung“, die diese drei Kategorien enthalten.
Denn alle diese stehen miteinander in Wechselbeziehung.
Die „technische Beschleunigung“ bleibt nicht folgenlos.
Technische Innovation hat uns ermöglicht nahezu ständig erreichbar zu sein.
Während wir früher Zeit wirklich mit einer anderen Person verbringen konnten, erreicht uns schnell heute eine WhatsApp Memo nach der anderen, unser Insta Feed quillt über, News über die Nachrichten App trudeln ein; und drei verschiedene Leute versuchen uns zur gleichen Zeit anzurufen; und unsere Chefin schickt auch gerade noch schnell nach Feierabend eine Mail.
So führt die „technische Beschleunigung“ zu einem Gefühl der „Beschleunigung des Lebensgefühls“.
Hierbei geht es nicht, wie bei der technischen Beschleunigung, darum eine einzelne Tätigkeit schneller zu erledigen (Bsp. Die gleiche Strecke in weniger Zeit überqueren; Glasfaserkabel).
Hier geht es darum mehr Veränderungen in kürzerer Zeit zu erleben.
Das ist, was zu einem veränderten „Lebensgefühl“ führt.
Unser Leben erscheint so schnell strenger getaktet.
Unser „Lebenstempo“ hat sich erhöht.
Auch „sozialer Wandel“ erhöht unser „Lebenstempo“
Das bezeichnet Rosa als „Beschleunigung des sozialen Wandels.“
Darunter fallen Befunde wie vermehrte Jobwechsel, verstärkte Projektorientierung oder auch mehr Reisen.
Wie können wir diesem Befund begegnen?
Handy-Fasten, Social Media Sabbat, “Entschleunigungs”-Retreats?
Wie genau können wir diesem Befund der “sozialen Beschleunigung” begegnen?
Mehr dazu, auch aus theologischer Perspektive, im nächsten Artikel.
Stay tuned.
Und.
Was denkst du?
Leben wir in einer “Beschleunigungsgesellschaft”?
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